Die Schönheit des „Makels“

Silvana Köster: Dozentin, Rechtsanwältin, Künstlerin

Was finden wir eigentlich schön und warum? „Narben durch einen Unfall oder eine Krankheit, Über- oder Untergewicht, Hautverletzungen durch die Geburt – das sind alles Dinge, die einen Menschen besonders machen und die gesehen werden dürfen.“ Silvana Köster ist in Essen geboren und aufgewachsen. Eine Begeisterung für Kunst und Farben begleitet sie schon ihr ganzes Leben. Jetzt stellt die Rechtsanwältin und Dozentin des BCW ihre Werke öffentlich aus.

Der Mensch im Mittelpunkt

Köster doziert für das BCW und unterrichtet Zivil- und Prozessrecht in Duisburg. Bei ihr dreht sich alles um den Menschen – sowohl in ihrem Berufsalltag als auch in ihrer Freizeit, in der sie Geschichten von Menschen in Zeichnungen erzählt. Je nach Motiv entstehen bunte oder schwarzweiße, groß- und kleinformatige Bilder aus Kreide, Öl oder Acryl. Seit 2017 entstehen zudem sehr feine und detailreiche Zeichnungen aus japanischer Tusche, die ab dem 2. Februar in Essen bei ihrer Ausstellung „Shapes of Eve“ in den Räumen des Niermann Karrees präsentiert und gegen Spenden verkauft werden. Die junge Dozentin, deren künstlerische Entfaltung sich schon während der Schul- und Studienzeit zeigte, ist unter anderem auch Anwältin für Medizinrecht. Dort erlebt sie häufig, dass sich Menschen in ihren Körpern plötzlich fremd fühlen. So wurde sie durch ihren Beruf als Anwältin und Rechts-Dozentin auf ihre Motivwahl, den Menschen, gelenkt – all ihre Werke stellen „wahre Geschichten“ dar, zeigen „echte“ Personen.

Nicht wirklich vollkommen

In ihrer Ausstellung „Shapes of Eve – Du bist schön“ präsentiert Köster erstmals Zeichnungen „nicht perfekter“ Frauen. „Das Wohlbefinden von strengen Blicken der Gesellschaft abhängig machen, von der Kleidergröße und von dem Irrglauben, der Körper dürfte keinen Makel haben und sei nur ohne Narben schön – davon habe ich einfach genug.“ Mutige Frauen stellten vertrauensvoll Bilder von ihren Körpern zur Verfügung, allen voran starke Frauen, die ihren Körper nach einer Brustkrebs-Erkrankung plötzlich in neuer Form gegenüberstanden – der komplette Erlös der Bilder wird daher auch an den Brustkrebs Deutschland e.V. gespendet. Die Werke befassen sich mit der Frage, was wir eigentlich „schön“ finden und warum. Alle Bilder mit kämpferischen Motiven finden ihren Ursprung auch im juristischen Prozess, der oftmals ebenfalls einen Kampf für die Betroffenen darstellt.

Mit Zeichnen die Gedanken zum Schweigen bringen

Silvana Köster zeichnet am liebsten zu Hause – an einem großen Esstisch aus dunklem Holz, während der Kaminofen leise knistert. Dabei trägt sie viel zu große, kuschelige Kleidung und hört Musik: „Bei Titeln von Sia Furler, Damien Rice und 'Cigarets after Sex' fällt alles, was mich sonst im Alltag anspannt und elektrisiert schnell ab. Während ich zeichne, betrete ich oft einen zeitlosen Raum.“ Dort finde sie Entspannung, Gelassenheit, Weichheit und einen ruhigen Geist: „Das Zeichnen bringt meine Gedanken zum Schweigen.“ Diese Wirkung hatten Farben und Papier schon immer auf die Künstlerin. Sie zeichnete schon, bevor sie sich ausdrücken konnte – es gab keine Grenzen.